Kinder – Die Zukunft hats schwer
Hunger, Durst, Armut, marodes Bildungssystem und ein unterfinanziertes Gesundheitssystem, Macht und Alkohol sind allgegenwärtig. Während die einen sich die Taschen vollstopfen, leidet die Bevölkerung. Die grosse Zahl der Arbeitslosen und das omnipräsente Alkoholproblem als Ausweg aus dem tristen Alltag zum Leid der Kleinsten. Trotz dieser bedrückenden Situation sind es gerade die kleinen Momente des Glücks und der Hoffnung, das verlegene Lächeln der Kinder, welche mein Erlebnis prägen.
Schon bei meiner Einreise erfuhr ich die klaren Machtverhältnisse. Ich steckte gute 40 Minuten im Zoll fest, da ich für Mudiro Katheter, Blutdruckmessgeräte und Kindergarten Taschen mitgebracht habe. Die Messgeräte, welche weitaus mehr Wert hatten, musste ich nicht versteuern. Dafür aber die etwa 40 Plastikröhrchen. Dank der Hilfe von Barbara und Hermann konnte ich nach einer gefühlten Ewigkeit endlich einreisen – umgerechnet ganze 2 CHF Zoll musste ich jedoch bezahlen. Es war eine Demonstration von Macht. Ein Begriff, der mir auch auf der Fahrt immer wieder vor Augen geführt wurde. Zum einen gab es das eher heruntergekommene unterfinanzierte Krankenhaus in Windhoek. Zum anderen war direkt daneben der prachtvolle Neubau der Regierung, der wie ein Statussymbol über das Spital blickte. Top modern und schweine teuer. Macht und die damit verbundene Korruption im Land waren die ersten Eindrücke, die ich erfuhr. Dass ein solches System nicht funktionieren kann, wurde mir während den gesamten 2 Wochen immer wieder gezeigt.
Im Verlauf meines Aufenthalts konnte ich viele Eindrücke des alltäglichen Lebens mitnehmen. Das Spital in Andara ist dank der Arbeit von Mudiro in einem für namibische Verhältnisse sehr guten Zustand. Natürlich sind sie nicht mit unseren Spitälern zu vergleichen. Die Angestellten machten auf mich den Eindruck, dass sie sehr froh über die Hilfe von Mudiro sind. Ganz zu schweigen von der Bevölkerung in der Region. Die vielen Weiterbildungen, welche die ausländischen Ärzte durchführen, tragen sehr dazu bei, einen höheren Standard zu erreichen. Die neue Academy, in welcher zukünftig diese Schulungen durchgeführt werden, kommt ebenfalls gut voran. Auch das Equipment des Spitals hat sich verbessert. Das Röntgengerät, welches 5 Jahre ausser Betrieb war, ist wieder einsatzfähig oder Instrumente für Operationen und andere Utensilien stehen nun zur Verfügung. Besonders Augenmerk wird auch auf Themen gerichtet, welche durch unzureichende Aufklärung und fehlende Informationen der Bevölkerung nicht bewusst ist. So richtet Mudiro seine Aufmerksamkeit beispielsweise auf Mutterhalskrebs. In der Schweiz kann man sehr gut dagegen vorbeugen. Die Impfung dafür ist hier nicht schwer zu bekommen. In Namibia ist dies jedoch um einiges komplizierter. Die Bevölkerung muss über dieses Thema sensibilisiert werden und die gewaltigen Distanzen zwischen den Dörfern und Städten machen eine umfassende Erhebung von Infizierten nicht leicht.
Schockiert haben mich die Verhältnisse in den Schulen. Die Kinder leiden sehr unter der Situation. Viele hungern, haben Eltern, die sich nicht um sie kümmern oder werden früh verheiratet oder schwanger. Die Hygiene ist schlecht und die Infrastruktur heruntergekommen. Wir trafen uns mit einer Lehrerin in der Shamangorwa Combined School. Sie wirkte sehr bemüht, den Kindern möglichst zu helfen. Sei es nun durch die Vermittlung an Mudiro, ein offenes Ohr zu haben oder sich für Hygieneartikel für Frauen einzusetzen. Gerade letzteres Thema scheint bei vielen immer noch ein Tabuthema darzustellen. Auch Verhütung fehlt in den Köpfen der Männer und Frauen. Frühschwangerschaft ist dabei nur eines der vielen Probleme. Gerade Geschlechtskrankheiten verbreiten sich durch ungeschützten Geschlechtsverkehr rapide. Es ist ein Problem, dass nicht im Nachhinein bekämpft werden kann, sondern gezielt in den Schulen darüber aufgeklärt werden muss.
Die kleinen wertvollen Momente des Glücks machten dieses Erlebnis unvergesslich. Wir brachten in der zweiten Woche den Kindern des Kindergartens in Shamangorwa etwa 30 Kindergartentäschchen. Die Freude, welche sie hatten, war unglaublich schön zu sehen. Für uns sind Schulranzen und Kindergartentaschen selbstverständlich. In Namibia ist nichts selbstverständlich und jede noch so kleine Geste lässt die Kinder strahlen, welche sonst nicht viel zu lachen haben. Gerade auch deshalb ist die Arbeit von Mudiro äusserst wertvoll. Sie bieten den Kindern, welche sie unterstützen, ein Umfeld, in dem sie unbeschwerter leben können, zu Essen bekommen und einen Schlafplatz haben. Sie können in diesen Kindertagesstätten mit Freunden spielen und einfach Kinder sein.
Meine Reise führte mir den tragischen Alltag vieler vor Augen. Durch die Medien erfährt man zwar viele Geschichten und kann sich ein Bild von der Situation vorstellen. Jedoch ist es stets etwas anderes, wenn man tatsächlich vor Ort ist. Die Situation ist teilweise weitaus schlimmer und die Probleme komplexer Lösungen teuer und manchmal nicht unbedingt nachhaltig. Während viele Hilfsorganisationen die Menschen mit Essen und Trinken versorgen, welches einen kurzfristigen Nutzen bietet, entsteht jedoch dadurch eine grosse Abhängigkeit der Bevölkerung.
Die Philosophie hinter Mudrio hat mich überzeugt. Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen eine Zukunft und Hoffnung zu schenken, sie zu unterstützen und zu fördern, um dadurch zukünftig vorzusorgen, ist in meinen Augen ein sehr guter Ansatz. Sie helfen den Menschen dabei, etwas Eigenes zu erschaffen, sich selber zu helfen.
Den wie schon einst der chinesische Philosoph Konfuzius sagte: «Gib einem Mann einen Fisch und du ernährst ihn für einen Tag. Lehre einen Mann zu fischen und du ernährst ihn für sein Leben.»
~ Dominic, Maturant