Erfahrungsbericht von Pierre Jordaan

Was lange währt, wird endlich gut…

Bei dem Anblick von einer im Schnee verhüllten Schweiz, kann man sich die lähmende Hitze in Andara kaum vorstellen. Alles sieht in der Schweiz so sauber und weiss aus, als wäre die Welt noch heile. In Namibia aber ist die Not und die sommerliche Hitze allgegenwärtig und nicht zu übersehen. Die Zeit im Container Village in Andara war geprägt von vielen kleinen, sowie manchmal grösseren Herausforderungen die das Personal im Krankenhaus überwinden musste. Ebenso aber geprägt von dem Vertrauen zu Mudiro, dass durch das Miteinander mittlerweile aufgebaut wurde. Im Andara Krankenhaus sind wir nicht mehr Besucher – wir gehören dazu. 

Der Höhepunkt des Tages war die Besprechung morgens um 8 Uhr über die Zulassungen des vorherigen Tages. Wir konnten zusammen die Differenzialdiagnose besprechen, welche Tests dies bestätigen kann und welche die beste Behandlung bei den schwierigen Fällen ist. 

Neu in Andara sind zwei Assistenzärzte die dazugekommen sind. Damit sind die vier Allgemeinärzte, die sonst alles machen müssen, nur noch mitverantwortlich für das Training der Jungen, wobei viel Routine-Arbeit in Gegenzug sehr gerne den Juniorärzte übergeben wird (unter dem Vorwand das diese die Erfahrung brauchen). Aber alle sind damit gut bedient – es weht wirklich ein frischer Wind im Krankenhaus. Es fällt auf wie Beide, die Alten und die Neuen sich freuen an der Zusammenarbeit und an dem stetigen Austausch. Wobei einer von den Ärzten, teils bei passender und teils unpassender Gelegenheit grosse Vorträge hält und Lebenswahrheiten verkündet! Als ihm irgendwann keiner mehr zuhören wollte, wurde ich zum Opfer – und musste innerlich dabei Schmunzeln!

Manchmal ist helfen einfach, manchmal eben nicht. Zum Beispiel, gab es kein Antiserum mehr. Obwohl die Regensaison gerade angefangen hatte und damit viele Schlangen unterwegs sind, sogar bei uns im Containerdorf, war dies nicht vorhanden. Zum Glück konnte die Apotheke welche von Rundu besorgen, denn am Wochenende danach gab es zwei Kinder, die von Schlangen gebissen wurden und welche wir damit erfolgreich behandeln konnten.

Leider gab es auch einige, etwas grössere Probleme. Ein alter Mann, ausgehungert so sehr das man jede Rippe und jeden Knochen im Gesicht sehen konnte. Er lag nur noch im Bett während seine gleich alte Frau, treu und wortlos daneben sass. Scheinbar, ich sage scheinbar weil er durch die Unterernährung natürlich etwas durcheinander war, hatte er im Krieg der Besatzungsmacht geholfen. Als der Befreiungskrieg vorbei war, so seine Erzählungen, wurde er nachdem er das Land verlassen hatte, einfach zurückgelassen ohne jede Entschädigung und gilt seither als Verräter. Der Krieg hätte seine Kinder gefressen, heisst es, während er sie aber einfach verhungernd zurück lässt, verzweifelt auf sich gestellt. Nach zwei Wochen im Krankenhaus sah der alte Herr etwas besser aus, er hatte genug Kraft aufzusitzen und unsere Fragen begeistert zu beantworten. Woher er wirklich kommt, darauf antwortete er noch immer sehr vage. 

Die Mobile Clinic war langsam im kommen und endlich konnte unser Personal vorgestellt werden. Mit einem Fest aus viel gesang, getanze, jede menge Ansprachen und dem Priester höchstpersönlich, der sorgfältig alles in und an dem Wagen segnete, wurde gross gefeiert. Afrika liebt Feste, man freut sich mit und über den Erfolg des anderen ebenso nimmt man Teil am Leid des Anderen. Hier im Caprivi, so erzählte mir jemand der hier wohnt, leidet keiner allein. Alle sind bereit zu helfen.

Genau das ist unsere Mobile Clinic auch – eine helfende Hand, die der lokalen Bevölkerung dort hilft wo sie leben und Hilfe gebraucht wird. Manche sind zu krank um zum Krankenhaus zu kommen, andere denken sie sind zu gesund dafür. Für jeden ist die Mobile Clinic vor Ort, um ihre Krankheiten zu behandeln und ihr Leid zu lindern. Ebenso kümmert sich die Mobile Clinic darum, dass Krankheiten vor allem vorgebeugt werden. Damit ist für Mudiro und für die Bevölkerung des Kavango ein Traum wahr geworden. Keiner muss mehr alleine Leiden – wir kommen und sind dazu bereit das Feuer das in uns brennt, zu verbreiten.

~ Pierre Jordaan

19 Oktober – 11 November 2023