Erfahrungsbericht Joya Lendzian

Erfahrungsbericht Joya Lendzian, Krankenpflegerin

Am Morgen des 14. Februar 2025 hatte ich noch eine meiner praktischen Hebammenprüfungen – ein intensiver Start in ein Abenteuer, das ich nie vergessen werde. Fast direkt danach ging es los: Mein Flug führte mich von Basel über Frankfurt nach Windhoek, wo ich von einem freundlichen Taxifahrer empfangen wurde. Bereits auf dem Weg in die Stadt begegneten mir die ersten Paviane – ein ganz neuer Anblick für mich! Die Hauptstadt selbst überraschte mich: viele Autos, moderne Gebäude, eine große Stadt, die dennoch ihren eigenen afrikanischen Rhythmus lebt. Nach einer erholsamen Nacht im Hotel ging es am nächsten Tag weiter zum Flughafen, um meinen Anschlussflug nach Katima Mulilo anzutreten.

Am 16. Februar flog ich mit einem leckeren Frühstück an Bord nach Katima, wo mich Hermann gemeinsam mit den zwei Hunden Benni und Jessy herzlich in Empfang nahm. Die anschließende, lange Fahrt nach Andara war wunderschön. Ich sah unterwegs Strauße, Antilopen und endlose Weite – ein erstes Gefühl von Freiheit und Verbundenheit mit der Natur stellte sich ein.

Angekommen im Containerdorf von Mudiro, fühlte ich mich sofort zuhause. Die Unterkunft ist liebevoll gestaltet, umgeben von einem gepflegten Garten mit Enten, zwei Katzen und – ganz besonders – drei Gänsen, die als tierische Security über das Gelände wachen. Abends zauberte Hermann ein köstliches Essen. Ich spürte gleich: Hier bin ich richtig.

Am nächsten Tag machten wir einen Spaziergang mit den Hunden entlang des Kavango Rivers. Wir entdeckten Spuren von Flusspferden und genossen die eindrucksvolle Natur – der perfekte Start in meinen ersten richtigen Tag in Andara.

Da es im Krankenhaus anfangs organisatorische Verzögerungen gab, half ich zunächst im Kindergarten mit. Die Kinder begrüßten mich mit offenen Armen, ihr Lachen war ansteckend. Die Kindergärtnerin versuchte mit Herzblut, die Kinder auf die Schule vorzubereiten. Einige kaputte Stühle nahmen wir mit nach Hause und Hermann reparierte sie. Als wir sie zurückbrachten, war die Freude der Kinder riesig. Auch Kleiderspenden von Mudiro sortierten wir und verteilten sie an die Kinder – viele Eltern waren unglaublich dankbar.

Wenig später begann meine Arbeit im Andara District Hospital. Ich durfte mit tollen Ärztinnen, Ärzten und Pflegefachpersonen zusammenarbeiten. Man versucht eine gute Hygiene beizubehalten, Betten werden, wenn möglich, regelmäßig frisch bezogen, und es gibt spezialisierte Stationen für Frauen, Männer, Geburtshilfe, Wochenbett, Kinder, Tuberkulose, Notfälle, OPs sowie ein Gebäude für HNO und Zahnmedizin. Besonders beeindruckt haben mich die wöchentlichen Montagszusammenkünfte aller Mitarbeitenden – es wird gemeinsam gebetet, gesungen und die Woche besprochen. Die christliche Atmosphäre prägt das Miteinander.

Die Geburtshilfe war für mich als werdende Hebamme ein besonderer Teil. Die Frauen werden fachkundig begleitet. Der Zeitraum von der Geburt bis zur Verlegung ins Wochenbett beträgt oft weniger als 40 Minuten – dazwischen kümmern sich die Hebammen um die Nahtversorgung bei Geburtsverletzungen, führen die U1 durch, verabreichen Vitamin K, impfen und kontrollieren Hb sowie Blutzucker. Alles läuft sehr strukturiert, aber auch sehr natürlich ab. Die Mütter stillen in aller Ruhe und es herrscht eine warme, respektvolle Atmosphäre.

Während meines Aufenthalts wurde mir auch bewusst, wie viel Mudiro in der Region bewirkt. Die NGO unterstützt die medizinische Fachweiterbildung von lokalen Gesundheitsfachkräften im Norden Namibias. Jährlich reisen rund 20 Ärztinnen und Ärzte und Fachpersonen aus der Schweiz und Deutschland nach Andara, um gemeinsam mit dem lokalen Personal Wissen auszutauschen und voneinander zu lernen.

Besonders beeindruckt hat mich das Projekt der mobilen 4×4 Klinik, mit der auch Menschen in entlegenen Buschregionen erreicht werden, die selbst keinen Weg ins Krankenhaus finden würden. Die mobile Klinik leistet dabei nicht nur allgemeine medizinische Versorgung, sondern widmet sich auch ganz gezielt wichtigen Vorsorgethemen – allen voran der Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs, der in Namibia eine der häufigsten Krebsarten unter Frauen ist. Viele Frauen in den ländlichen Gebieten wissen kaum über das Thema Bescheid oder haben keinen Zugang zu regelmäßigen Abstrichen. Die Möglichkeit, durch einfache Pap-Tests frühzeitig Veränderungen zu erkennen und zu behandeln, kann hier buchstäblich Leben retten. Umso wichtiger ist es, dass die mobile Klinik Aufklärung betreibt und diese Vorsorgeuntersuchungen in abgelegene Regionen bringt.

Ein weiteres aktuelles Thema, das die Region stark betrifft, ist die Malaria-Situation. Besonders während der Regenzeit – also etwa von Dezember bis April – ist der Osten Namibias stark betroffen. Viele Menschen leben in einfachen Unterkünften mit wenig Schutz vor Mücken. Auch Kinder und Schwangere sind besonders gefährdet. Im Krankenhaus wurden regelmäßig Malariafälle behandelt, und mir wurde bewusst, wie wichtig Prävention, Aufklärung und der Zugang zu medizinischer Hilfe in diesen Monaten sind.

Leider konnte ich meinen ursprünglich geplanten elf Wochen langen Aufenthalt nicht vollständig realisieren. Ein Todesfall in meiner nahen Familie machte eine vorzeitige Rückreise notwendig. Trotz des schweren Herzens, das mich bei der Abreise begleitete, bin ich voller Zuversicht: Sobald ich meinen Bachelorabschluss als Hebamme in der Hand halte, werde ich definitiv nach Andara zurückkehren. Die Menschen, die Projekte und die Kraft dieser Erfahrung haben in mir einen bleibenden Eindruck hinterlassen – und ich weiß, dass ich noch nicht fertig bin mit diesem besonderen Ort.

Diese Zeit hat mich tief berührt und inspiriert. Ich habe nicht nur viel gelernt, sondern auch gesehen, wie viel mit Engagement, Menschlichkeit und Respekt bewegt werden kann. Mudiro schafft echte Veränderung – für die Menschen vor Ort und für all jene, die Teil dieser Reise werden dürfen.

— Joya Lendzian, Krankenpflegerin